Aus dem Kunstleben Berlins – Bei Gustav Eberlein
Eugen Reichel in Belletristisch-Literarische Beilage der Hamburger Nachrichten Nr. 10 – 11.03.1894 (S. 3-4). Werknummern (Grimm-Verzeichnis) in eckigen Klammern ergänzt.
Im Hofe des Hauses Lützow-Ufer 29 befindet sich Professor Gustav Eberleins Atelier, dessen Eingangsseite von einem großen mit weit aufgesperrtem Rachen dem Ankömmling entgegendräuenden broncenen Löwen [GV 614] eifersüchtig bewacht zu werden scheint.
Ehe man in das eigentliche Atelier tritt, muß man einen schmalen niedrigen Raum durchschreiten, der das Bureau des Meisters vorstellt. Ein behagliches Dämmerblau herrscht in diesem fensterlosen Gemach, das sein geheimnißvolles Licht durch zwei an der Decke angebrachte runde Scheiben blaugrünen Marienglases zugetheilt erhält. Hier steht der kleine Schreibtisch, eine schwarze Holzsäule mit der neuen Portraitbüste des Fürsten Bismarck [GV 437] und eine Copie der den Amor strafenden Psyche [GV 265] des Meisters, hier stehen ein paar mit abenteuerlichem altem Schnitzwerk versehene bunte Holzschemel und an den Wänden einige kleine Reliefs, von denen namentlich ein altes Stück mit dem Haupte des Johannes [GV 639] Interesse erweckt. Eine niedrige, mit indischen Vorhängen gezierte Thür führt in das große Atelier, in welchem ein recht bewegtes Leben herrschte, als ich gegen 11 ½ Uhr eintrat.
Mein erster Blick fiel auf eine lebende Fuchsstute, die mit einem auf ihr sitzenden Soldaten Modell stand für ein dem verstorbenen Großherzog von Hessen zugedachtes Denkmal [GV 198], das den Fürsten auf einem feurig dahinsprengenden Rosse zeigen wird. Mehr seitwärts bemerkte ich zwei halbentkleidete Mädchen, die für die Frauengestalten anderer zur Zeit in Arbeit genommener Denkmäler Modell standen. Eins dieser Denkmäler wird im Auftrage der Wittwe Adolf von Meckels [GV 436] ausgeführt; es soll zunächst der großen Meckel-Ausstellung, die für Berlin, München und einige andere Kunststädte geplant ist, als Mittelpunkt dienen und späterhin auf dem Grabe des begabten Orientmalers Aufstellung finden. Eberlein gehört zu den Bewunderern dieses Malers und äußerte sich zu mir in sehr derben Worten über die Juroren der letzten Ausstellung, welche den Bildern Meckels nicht das nöthige Verständniß entgegengebracht haben sollen. Der Fall ist ja glücklicherweise längst erledigt, und Adolf von Meckel ruht im Grabe – dem das Ebelein’sche Denkmal hoffentlich zur dauernden Zierde gereichen wird.
Die Hauptsehenswürdigkeit dieses Atelierraumes aber bildet ohne Zweifel die Modellskizze zu dem Ruhrorter Kaiserdenkmal [GV 150], das zugleich auch ein Denkmal für den Fürsten Bismarck vorstellt. Das Denkmal wird von der Sohle des Unterbaues bis zum Kopfe des Adlers, der auf der die Spitze des Pilasters schmückenden Kaiserkrone sitzt, 18 Meter messen: es bietet also dem Bildhauer Gelegenheit, in großen Verhältnissen zu arbeiten. Einfacher als sonst giebt sich Eberlein in diesem Werke. Ein Granitunterbau – ein Sandstein-Pilaster mit einem Sockel aus Sandstein, den links eine sitzende Frauengestalt (die Geschichte), rechts eine sitzende Mannesgestalt (der Friede) und vorn ein Löwe, der die rechte Vordertatze auf einen Palmenzweig gestützt hat (Friede durch die Kraft gesichert), schmückt.
Auf der schmalen dreistufigen Vorderbühne des Pilasters aber steht vor einer interessant geordneten Gruppe von Trophäen und überragt von einer den Kranz hochhaltenden wundervollen Victoria die majestätische Gestalt des alten Kaisers, dem sich Fürst Bismarck, etwas tiefer stehend und zu dem Herrscher hinaufsteigend, genähert hat, um ihm die Proclamation zu überreichen, welche der Monarch vorzulesen gedenkt. Die Gestalten dieser in edelster Linienführung und zugleich mit großer realistischer Kraft zur Darstellung gebrachten Gruppe werden 10 Fuß hoch sein; die sitzenden Gestalten links und rechts werden bei gleichen Körperverhältnissen nur eine Höhe von 7 Fuß haben.
Die Vereinigung von Bronze (aus der die Kaiserkrone und die Figuren hergestellt werden) und Sandstein (aus welchem der Pilaster und der das Ganze abschließende Adler hergestellt werden) wird sich ohne Zweifel sehr gut ausnehmen und eine schöne malerische Wirkung hervorbringen. Das Denkmal, an welchem zur Zeit gearbeitet wird (die Hauptgruppe war im Modell bereits so gut wie fertig, als ich das Atelier besuchte), soll erst im Herbst l895 enthüllt werden.
Eberlein braucht sich also mit dieser Arbeit nicht zu beeilen und kann ruhigen Muthes die drei oder vier anderen Werke, die ihn und seine Gehülfen jetzt ebenfalls beschäftigen, der Vollendung entgegenführen. So soll er unter Anderen die Gestalt Philipp des Großmüthtigen des Reformators [GV 640], ein Denkmal in Kassel [GV 239], und eine Reiterstatuette aus Silber (einen Herrn von Hestrott vorstellend) [GV 641] für das Kasseler Militair-Casino arbeiten; von diesem Werke konnte ich schon ein sehr anmuthiges, lebensvolles Modell sehen – das ausgeführte Werkchen wird ohne Zweifel einen kostbaren Schatz jenes Casinos bilden.
Aus diesem großen, mit mächtigen Modellen, Gerüsten und umfangreichen Thonkisten angefüllten Raum führt rechts eine Thür in ein kleineres, behaglich ausgestattetes NebenAtelier, in welchem der Genre-Bildhauer Eberlein zu Hause ist, während in dem großen Haupt-Atelier ausschließlich der kühn ausgreifende Monumentalbildhauer schaltet.
Auch hier wurde zur Zeit, als ich meinen Besuch machte, an einer „Pieta“ [GV 38] gearbeitet, zu dem ein rothbraunhaariges jüngeres Mädchen Modell saß, während sie einen Apfel verzehrte. Es handelt sich hier um ein kleines, aber von echter Empfindung beseeltes und groß wirkendes Werk. Der todte Heiland ruht mit seitwärts ausgestrecktem linken Arm im Schoße der trauernden Mutter, die nur vielleicht für diesen Sohn etwas gar zu jung aussieht; ihre recht Hand hält den Leib des Todten unterhalb der rechten Achsel desselben. Die Gruppe bietet von jeder Seite eine fesselnde Silhouette; der Fluß der Linien ist edel.
Was die Ausstellung dieses Neben-Ateliers betrifft, so versteht sich’s von selbst, dass sie in der Hauptsache von Werken unseres Meisters bestritten wird. Gleich rechts neben dem Eingang steht die Skizze zu der für das nicht zur Ausführung gekommene Andrassy-Denkmal [GV 199] bestimmt gewesenen Sockel-Gruppe: ein neben einem brüllenden Löwen knieender Jüngling, der mit der Hand des hoch erhobenen rechten Armes einen Lorbeerzweig schwingt. In der gegenüberliegenden Ecke steht ein großer Glasschrank, der alle die kleinen Nuditäten enthält, mit welchen sich Eberlein den Weltmarkt erobert hat: die verschiedenen Psychen, Amoretten, Liebesgöttinnen und dergleichen mehr.
Wenn man diese reizenden Arbeiten hier in ihrer Gesammtheit übersieht, so kann man nicht umhin, die Grazie, mit welcher sie alle gearbeitet sind, und die bestrickende Lieblichkeit der Motive zu bewundern. Eine neue große Gruppe, welche uns Venus zeigt, wie sie dem neben ihr stehenden Amor verbietet, seine Pfeile zu verschießen [GV 274], athmet ebenfalls den ganzen pikanten Liebreiz, der den kleinen Nuditäten Eberleins eigen ist. Außer verschiedenen älteren Arbeiten des Meisters erblickt man in diesem schön ausgestatteten Raume auch eine große Rococco-Uhr in Bronze [GV 416], die zu den zierlichsten Werken Eberleins gerechnet werden darf.
Auf einem Untersatz von Blumen und Muscheln halten 2 Putten eine Muschelschale, auf der ein junges, von einem Knaben und einem Mädchen flankiertes Weib steht und einen Rosenzweig hält. Die Uhr selbst wird von einer großen Muschel gebildet, deren untere spitz verlaufende Fläche dem Zifferblatt zur Unterlage dient. Unter dieser Uhr ragt, umrahmt von grünem Blattwerk die ausgezeichnete neue Büste des Fürsten Bismarck empor – und einige andere Portraitbüsten zeugen davon, dass Eberlein auch in diesem Genre ein begnadeter Meister ist.
Aber dass ich nun auch endlich dazu komme, Ihnen von diesem Meister selbst das Wissenswürdige zu berichten.
Ich sagte schon, dass ich den Meister bei der Arbeit vorfand. In seinen weißwollenen Arbeitskittel gehüllt, machte der mir bis dahin personlich unbekannte Mann mit dem etwas ungeberdig aufstrebenden schwarzbraunen Haar und der goldenen Brille vor den klugen, ziemlich schlau in die Welt blickenden Augen einen sehr guten, charakteristischen Eindruck auf mich. Das große Selbstgefühl des Künstlers giebt sich in Haltung, Gebärde und auch in der Art seiner Rede kund. Eberlein weiß, dass er nicht zu den gewöhnlichen Sterblichen gehört – und er hat ein Recht, sich dementsprechend zu geben. Trotzdem hat seine Vornehmheit einen liebenswürdigen Zug und Manches an ihm deutet darauf hin, dass der Idealismus des Künstlers sich ganz gut mit dem Realismus des Practikers verträgt.
Eberlein wurde am 14. Juli 1847 in Spiekershausen, einem Dorfe bei Hannoverisch-Münden geboren. Sein aus Schwaben stammender Vater, der zur Zeit der Freiheitskriege in englischen und preußischen Diensten gestanden hatte, lebte in jenem Dorf als Grenzaufseher mit monatlich 18 Thalern Gehalt.
Seine Mutter, eine ehemalige Marketenderin [Anm.: sie war die Tochter eines Bauen aus dem Ort; die erste, verstorbene Frau war eine „Marketenderin“], war des Grenzaufsehers zweite Frau und sorgte für die zwar einfache aber doch echte Behaglichkeit des kleinen Haushalts, dessen hoffnungsvollen Mittelpunkt der kleine Gustav bildete. Dieser gehörte nun keinesfalls zu den Kindern, welche schlichten Eltern viel Freude bereiten, er war ein Träumer, zeigte wenig Fleiß in der Schule und schien zu nichts Rechtem geboren zu sein. Am glücklichsten fühlte er sich, wenn er mit seinem Vater die heimatlichen Halden durchstreifen konnte; auch las er viel und begann seine ersten Gedichte zu drechseln. Als er an der Mündener Bürgerschule durchsessen hatte, brachte ihn der Vater zu einem Weißbinder in die Lehre, und seine Thätigkeit erschöpfte sich im Farbenreiben. Da ihn diese Beschäftigung unglücklich und elend macht, so glaubte der Vater, dass Gustav sich besser zu einem Beamten eignen würde. Aber auch in der Gerichtsschreibstube zeigte sich der Jüngling unnütz; und nachdem er dort mehr Verse als Acten geschrieben hatte, ließ ihn der gutmüthige Vater in Hildesheim und Kassel die Goldschmiedekunst lernen [Anm.: Lehrling war er in Münden, Geselle in Hildesheim und Kassel]. Doch selbst in diesem künstlerischen Berufe fühlte er sich nicht wohl; und kurz vor Ausbruch des Krieges von 1866 kehrte der fast neunzehnjährige Träumer krank in die Heimath zurück.
Bald darauf lernte er einen niederländischen Kupferstich, die Geburt Christi darstellend, kennen, die ihn aufs lebhafteste beschäftigte. Da er nun erfuhr, dass ein in der Nähe des Dorfes wohnender Bauer sich auf die Holzschnitzerei verstand, so begab er sich zu ihm, lernte ihm die ersten Kunstgriffe ab und begann sogleich, die Geburt Christi nach jenem Kupferstich in Holz zu schnitzen [GV 30]. Ein Glück war es jedenfalls für den angehenden Künstler, dass der schlichte Vater in dem Treiben des Sohnes nichts Arges erblickte, sondern alles that, um das Talent seines Lieblings zu fördern.
Einen entscheidenden Schritt vorwärts aber that Gustav doch erst, als ein Pastor Hornkohl zu Münden seine Begabung erkannte und bei ihm ein Crucifix für die Kirche bestellte. Eberlein modellierte das Crucifix in Thon und gewann durch diese, unausgeführt gebliebene Erstlingsarbeit [Anm.: sie wurde von Eberlein in Holz ausgeführt, GV 31] die Theilnahme eines kunstsinnigen nürnbergischen Patriziers, der ihm kurz darauf als er in Nürnberg in einer Schnitzerwerkstätte fürs tägliche Brot arbeiten musste, die nöthige Unterstützung zu Theil werden ließ.
Bald darauf gewann er einen Preis von 50 Gulden, der es ihm ermöglichte, sich ausschließlich dem Studium in der Kunstschule zu widmen.
Aber das Glück lächelte ihm noch mehr. Die Königin-Wittwe von Preußen bewilligte ihm 1866 [Anm.: wohl 1868] ein Stipendium. Er ging jetzt nach Berlin, arbeitete einige Zeit unter Leitung des Professors Bläser und erhielt dann aus der Heimath den Auftrag zu einem KriegerDenkmal [GV 235]. Die Arbeit brachte glücklicherweise etwas ein, sodaß der junge Künstler daran denken durfte, sich ein eigenes Heim zu gründen, um ein geliebtes Weib darin als Herrin walten zu lassen.
Da er nicht lange danach ein Marmor-Grabdenkmal für Nürnberg [GV 71] auszuführen hatte, so benutzte er die Gelegenheit, um in Venedig und Rom ernsthafte Studien zu machen. In dieser Zeit schuf er die Marmorgruppe, welche den Reichthum des Meeres darstellt [GV 1], und welche ihm den Michel-Beer-Preis der Berliner Akademie einbrachte.
Jetzt aber trat ein Rückschlag ein – es vergingen 8 Jahre, ohne dass der Künstler einen Auftrag erhielt. Er wäre zu Grunde gegangen, wenn er nicht durch das Modellieren von Ornamenten und durch die Ausführung von Zeichnungen für illustrirte Blätter sich das Nothwendigste hätte verdienen können. Da führte ihn sein guter Stern eines Tages zu dem Architekten Gropius. Diesen rührte das traurige Loos des jungen Mannes; er ließ ihn eine Rosette für das Kunstgewerbemuseum arbeiten [GV 642] – die Rosette gefiel allgemein und ihr Schöpfer erhielt plötzlich wieder Bestellungen.
Jetzt schuf er auch mit frischer, freudiger Kraft seinen herrlichen „Dornauszieher“ [Anm.: 1880 Gips; 1886 Marmor; GV 4], der schnell für die Nationalgalerie erworben wurde und dem Künstler zugleich die goldene Medaille eintrug.
Noch größere Wirkung machte sein großer dekorativer Brunnen mit der Statue Neptuns, den er 1880 für die Berlinische Fischereiausstellung schuf [GV 94] und fortan war seine künstlerische und sociale Stellung gefestigt. Er wurde mit Aufträgen geradezu überhäuft und schuf in dieser Zeit auch den 45 Meter langen gestaltenreichen Fries in Kalkstein für die Facade des Cultusministeriums [GV 96].
Seitdem ist Eberlein in jedem Jahr mit neuen, bedeutsamen Werken hervorgetreten, und wenn es eine Zeit hindurch so scheinen mochte, als ob er ganz in der Ausführung von kokett-graziösen Nippsachen aufgehen wollte, so hat er der Welt nachher doch bewiesen, dass er den Idealen seiner ersten Periode nicht untreu geworden ist. Was seine kleinen, im Kunsthandel weitverbreiteten Statuetten, namentlich seine grisettenhaften Göttinnen auszeichnet: Grazie, Lebendigkeit, eine glückliche Vereinigung von Realismus und raffinirter Schönseherei – das lässt sich wohl auch seinen monumentalen Werken nachrühmen.
Aber gerade diese monumentalen Werke, deren er in den letzten Jahren eine stattliche Reihe geschaffen hat, athmen zugleich vielfach eine Größe, die man dem Schöpfer der Psychen und Liebesgötter kaum zugetraut hätte.
In jedem Falle gereicht es dem Künstler zu Ehre, dass er nicht auf den Lorbeeren, die er mit seinen bunten Salonfigürchen ziemlich wohlfeil geerntet hatte, ausruhen wollte, sondern unablässig nach den höchsten Zielen strebte. Ob er in diesem Ringen immer glücklich gewesen, will ich hier nicht untersuchen – die Kundigen erinnern sich mancher anspruchsvollen Denkmalmodelle, die trotz hervorragender Eigenschaften im Einzelnen doch wenig befriedigten.
Auch die meist allzu wild dahinstürmenden Rosse mit ihren unnatürlich dicken, zopfigen Mähnen und Schweifen sind nicht nach Jedermanns Geschmack. Aber im Großen und Ganzen erscheint Gustav Eberlein auch als Denkmal-Plastiker auf einer Höhe, die Bewunderung verdient. Schon die Art, wie Eberlein es versteht, die Sockel seiner Denkmäler mit den Hauptstücken derselben in lebendige Beziehung zu bringen, ist originell, und wenn auch hier sich mehr und mehr eine gewisse manirirte Einseitigkeit bemerkbar macht, wenn zumal der immer wiederkehrende brüllende Löwe etwas langweilig zu werden beginnt, so bleibt im Arrangement Composition und Ausführung seiner Monumental-Werke doch stets noch des Guten so viel übrig, dass ein Dutzend seiner Collegen, auch manche von denen, welche ihm in den Concurrenzen vorgezogen worden, damit Staat machen könnten.
Es ist bekannt, dass Eberlein nicht nur Bildhauer, sondern auch Maler und Poet ist. Von dem Maler zeugt unter Anderm die Skizze zu einem Wandgemälde für das Berliner Rathhaus [GV 109], die an einer Wand seines Haupt-Ateliers hängt. Als Dichter hat er sich vorzugsweise in einem vor nicht langer Zeit erschienenen Prachtwerk bewährt, das Abbildungen all seiner Skulpturen und Zeichnungen enthält, denen er schwung- und erfindungsreiche Verse beigegeben hat [Lit. Seelenleben, GV 1000].
Eberlein wird viel angefeindet, seine Kunstrichtung oder vielmehr seine Kunstmanier ist nicht Jedem sympathisch und scheint Manchem der rechten Würde zu entbehren. Wohl zeigen seine Arbeiten auf der einen Seite eine gewisse kokette Frivolität und auf der anderen Seite ein oft übertriebenes, ausschweifendes Pathos – aber sie zeugen doch alle von einer durchaus originellen, starken Persönlichkeit, die bewiesen hat, dass sie zu jenen Persönlichkeiten gehört, welche den künstlerischen Besitz einer Nation zu wahren wissen.
Gustav Eberlein hat sein letztes Wort ohne Zweifel noch lange nicht gesprochen. Er wird auch zur Zeit durch den glücklicheren Reinhold Begas, dessen Schüler er einst gewesen, überstrahlt. Aber wenn er auch da stehen bleiben sollte, wo er jetzt steht, so wird man ihn stets zu den vornehmsten Künstlern unserer Zeit rechnen, seinen besten Werken (und zu ihnen gehören auch das Denkmal für die Brüder Grimm [GV 196] und für den Grafen Andrassy [GV 199], die leider beide nicht zur Ausführung gekommen sind, zu ihnen gehört auch vielleicht das grandiose Kaiser Wilhelm-Denkmal [GV 143], das hinter dem Entwurf von Begas zurückstehen musste) einen Ehrenplatz unter den Werken moderner deutschen Meister einräumen müssen.