Vorwort des Werkverzeichnisses von 2020

Dieses Werkverzeichnis erweitert und vertieft einen im A5-Format herausgegeben und schon seit Jahren vergriffenen Vorläufer aus dem Jahr 1983 wesentlich. Diesen gab Rolf Grimm kurz nach der Gründung des gemeinnützigen Vereins „Gustav-Eberlein-Forschung e.V.“ im Sommer 1982 heraus, dessen Vorsitz er seitdem bis 2016 innehatte.

Mit der hier vorliegenden Ausgabe, erarbeitet von ihm und seinem Sohn und ebenso wie der Vorläufer ohne Fördermittel privat finanziert, liegt eine nun deutsch- und englischsprachige, vollkommen überarbeitete und im Text- sowie vor allem im Bildteil wesentlich ergänzte Fassung vor. Im Interesse einer besseren Bilddarstellung wurde das A4-Format gewählt. Neben einer Fülle neuer Abbildungen – es sind insgesamt über 500 neue Werke bzw. Abbildungen von bisher nur namentlich bekannten Werken hinzugekommen – konnten solche mit schlechterer Qualität durch professionell bearbeitete ersetzt werden. Die Nummerierung der Werke wurde beibehalten.

Der Schwerpunkt ist bewusst auf den Bildkatalog mit rd. 1.200 Abbildungen, davon über 50 in Farbe, gelegt. Dieses ist möglich, weil eine Vielzahl neuer Schriften über Eberlein, bei denen der Text im Vordergrund steht, seit 1983 hinzugekommen ist.

Die Angaben zu den Werken in der Tabellenübersicht fokussieren sich auf Datierung, Bezeichnung, Signatur, Varianten, Material, Größe, Eigentumsverhältnis und Abbildungsindex. Das Literaturverzeichnis ist über den Eintrag des „Allgemeinen Künstler-Lexikons“ (AKL 2002) bis hin zu Schriften aus dem Jahr 2017 vervollständigt.

 

Neuere Veröffentlichungen über Gustav Eberlein seit 1983

Zusätzlich zu der Eberlein-Biografie von Adolf Rosenberg aus dem Jahr 1903 erschien 1983 die Schrift „Gustav Eberlein – Das Leben eines großen Künstlers aus Hannoversch Münden“ von Günther Kaerger.

Prof. Dr. Peter Bloch anerkannte diese Arbeit als sehr verdienstvoll und schrieb selbst über „Gustav Eberlein – Größe und Grenzen eines Bildhauers in Wilhelminischer Zeit“ (Berlin, 1984).

Im selben Jahr folgte „Gustav Eberlein – Werke des Bildhauers, Malers und Dichters im Raum Münden – Göttingen“ von Ute Hoffmann (Magisterarbeit „Christliche Themen im skulpturalen Werk Eberleins“, Göttingen, 1982).

Die Schriften „Der Bildhauer, Maler und Schriftsteller Professor Gustav Heinrich Eberlein – seine Heimatstadt Hann. Münden und sein Werk“ sowie „Gustav Eberlein – seine Jugend in Spiekershausen“ (Grimm, 1992 und 1994) behandeln neben dem Werk vor allem das Leben des Künstlers.

Die Dissertation „Gustav Eberlein – Leben und Werk eines Bildhauers im wilhelminischen Berlin unter besonderer Berücksichtigung seines öffentlichen Schaffens“ von Dr. Gabriele Paetzold (Berlin, 1995) ergänzt das Werkverzeichnis für diesen Bereich erschöpfend.

In ihrer Dissertation „Der Einfluss französischer Plastik auf die Berliner Künstlerschaft“ (Berlin, 1996) griff Prof. Dr. Susanne Kähler Gustav Eberlein als beispielhaft auf und vertiefte diesen Ansatz in einem leider nicht veröffentlichten Vortrag (Hann. Münden, 1997).

Prof. Dr. Bernhard Maaz (Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen) widmete sich in seiner Schrift „Gustav Eberlein – Glanz und Geist der Gründerzeit / Eine Studie zur Portraitplastik um 1900“ (Berlin, 1999) diesem Spezialgebiet.

Eine zweite Dissertation wurde begonnen, in der vor allem das freie Werk Eberleins im Rahmen der Plastik, Malerei und Schriftstellerei sowie sein soziales Umfeld behandelt werden soll (Claudia Caspers M.A., Berlin).

Hingewiesen sei auch auf das Begleitheft zur Ausstellung „Neu entdecken!“ im Jahr 2017 im Museum Hann. Münden, erarbeitet von der Gustav-Eberlein-Forschung (Martin Henze, Martina Krug, Hans-Georg Münder, Rosemarie Münder, Ute Sellmer, Elgard Steinmüller), sowie auf die Zusammenfassung der Vorträge des einwöchigen Begleitprogramms.

In der Vorläuferausgabe hieß es 1983: „Wenn es mit Hilfe dieses Buches z.B. nur gelänge, den Versteigerungskatalog des Auktionshauses Leo Grünpeter, Berlin, vom 28.11.1928 (Nachlass Eberlein) zu finden, wäre eines der vielen bescheidenen Teilziele erreicht.“ Trotz intensiver Suche konnte er nicht entdeckt werden. Im Archiv der Stadt Hann. Münden befindet sich nur die Einladung zu der Auktion mit dem Hinweis, dass der Katalog aufgrund drucktechnischer Schwierigkeiten erst in der Vorbesichtigung ausgegeben wird. Würde er gefunden, wären u.a. Angaben zu rd. 200 bisher unbekannten Gemälden auszuwerten. Auch der Katalog einer Versteigerung von Eberlein-Gemälden am 20.12.1926 im Berliner Auktionshaus Otto Goldstern (Steinplatz) konnte nicht gefunden werden.

 

Glücklicher Fund von zahlreichen Skulpturen und Gemälden im Museum Hann. Münden und weitere Einzelfunde

Im Februar 1982 fanden Mitglieder der Gustav-Eberlein-Forschung e.V. auf dem Dachboden über dem Museum im Welfenschloss in Hann. Münden die Überreste von 162 zerschlagenen Skulpturen, von denen bis dahin überwiegend keine Abbildungen vorlagen, als Packlage für einen Dielenfußboden sowie in einem Bretterverschlag 12 erheblich beschädigte Gemälde, darunter das Kolossalgemälde „Die Macht des Meeres“ (3×7 m, GV 716).

Die Ergebnisse dieses erstaunlichen Fundes konnten in der Vorläuferausgabe von 1983 noch nicht berücksichtigt werden. Hier sind sie umfassend mit Text- und Bildmaterial eingearbeitet. Es handelt sich um wertvolle Hartgipsoriginale, nach denen in der Regel die Marmor- und Bronzefassungen gefertigt wurden oder werden sollten. Eberlein hatte von nahezu allen seinen Werken bis zum Ende des 1. Weltkrieges Gipsoriginale in das 1898 gegründete „Eberlein- und Altertümermuseum“ gebracht. Er hatte sie der Stadt Hann. Münden unter der Bedingung geschenkt, „dass die Werke immer erhalten blieben, dass sie der Öffentlichkeit zugänglich wären und dass Abgüsse nur unter des Aufsicht des in Hannover für die Museen Zuständigen abgenommen werden dürften“.

Zwischen 1983 und 1990 wurden 69 zum Teil lebensgroße Skulpturen und 9 Gemälde mit einem Aufwand an öffentlichen Mitteln in Höhe von rd. 460.000 DM und mit ehrenamtlicher Unterstützung von zwei Mitgliedern der Gustav-Eberlein-Forschung e.V. im Wert von rd. 120.000 DM wieder hergestellt. Weitere 92 Skulpturenreste sowie zwei Gemälde wurden gesichert und für eine Wiederherstellung vorbereitet. Rolf Grimm war die ehrenamtliche Fachaufsicht von der Stadt Hann. Münden förmlich übertragen worden.

Leider ging fast die Hälfte der früher insgesamt rd. 300 Skulpturen und Gemälde im Museum Münden verloren. Sie wurden bis wenigstens 1960 auf Müllkippen verbracht oder später bei dem Abriss einer Zellulosefabrik mit eingeebnet.

Unter ihnen waren, um nur einige zu nennen, die lebensgroßen Originalwerke „Griechische Flötenbläserin“ (GV 6), „Amor als Bogenspanner“ (GV 14), „Michelangelo mit dem Torso von Belvedere“ (GV 18), „Christlicher Märtyrer“ (GV 33), „Große Pieta“ (GV 35), „Gottvater haucht Adam den ewigen Odem ein“ (GV 40), „Grablegung Christi“ (GV 54), „Die gefangenen Juden von Babylon“ (GV 58), „Der ewige Schlaf“ (GV 79), zwei größere Tier-Gruppen aus dem Gewerbemuseum Stuttgart (GV 104), „Huldigung“ (GV 131), „Königin Luise und Prinz Wilhelm“ (GV 137), das Modell zum „Bismarck-Denkmal“ in Krefeld (GV 157), Gruppen vom „Kaiser-Wilhelm-II-Denkmal“ in Altona (GV 168), Modell zum „Denkmal Königin Luise“ in Tilsit (GV 172), Entwurf eines „Krupp-Denkmals“ (GV 193), die Gruppe „Das Geheimnis“ (GV 290), deren Marmor im Foyer des Teatro Colón in Buenos Aires zu sehen ist, „Pygmalion und Galatea“ (GV 294), „Weinende Nymphe“ (GV 343), „Haarflechterin“ (GV 364) und das Wettbewerbsmodell zum „Nationaldenkmal in Buenos Aires“ (GV 215), für das Eberlein die Ausführung übertragen wurde.

Das Bildmaterial der Werkverzeichnis-Vorläuferausgabe war eine wertvolle Hilfe bei dem Zusammensuchen der teilweise nur daumengroßen Gipsbruchstücke, von denen nicht bekannt war, welchem Werk sie zuzuordnen waren.

Von vielen Skulpturen wurden nur diejenigen Gipsbrocken in der Fußbodenpacklage wieder gefunden, welche der Müllkippe „entkommen“ waren, wie z.B. bei der lebensgroßen Figur des „Narziss“ (GV 17) und bei dem ersten (!) Modellentwurf zum „Richard-Wagner-Denkmal“ im Berliner Tiergarten die „Darstellung der Musik“ (GV 207). Eine Veröffentlichung in den „Heften zur Niedersächsischen Denkmalpflege“ (Grimm, 2/1985) gab einen ersten Einblick in die Herstellungs- bzw. Restaurierungsarbeiten. Eine gesonderte Darlegung „Schicksal der Kunstwerke Eberleins in Hann. Münden“ ist in Vorbereitung.

Auf der Grundlage der Vorläuferausgabe von 1983 konnten überraschend viele Bronze- und sogar Marmorwerke sowie Gemälde erworben werden, viele durch Hinweise von Kunstfreunden und Auktionshäusern, welche diese Veröffentlichung besitzen. Unterstützung bei der Zuschreibung wurde in überaus vielen Fällen gegeben.

Außer den im Museum Münden gefundenen Werken ist noch bis kurz vor Drucklegung dieser Ausgabe eine Fülle weiterer Skulpturen, Gemälde und Gedichte bekannt geworden, so u.a. das erste Denkmal für den bulgarischen Nationalhelden Botev in Vratsa (1890; GV 189) sowie die Aufstellung der verloren geglaubten lebensgroßen Bronze „Gottvater haucht Adam den Odem ein“ (GV 40) in der Bibliothek der Humboldt-Universität Berlin.

 

Jüngere öffentliche Ausstellungen von Werken Gustav Eberleins

Viele der Gipsoriginale des Museums Hann. Münden waren um die Jahrhundertwende auf Kunstausstellungen, unter anderem in Berlin, München, Dresden, Wien, Kassel, Potsdam, Hannover, Rom und Buenos Aires sowie auf den Weltausstellungen in Chicago (1893), Paris (1900) und St. Louis (1904) zu sehen. Eine gesonderte Tabelle gibt Auskunft über alle Ausstellungen.

Nach der Wiederherstellung der Gipsoriginale wurden mehrere Skulpturen seit 1990 in verschiedenen Kunstausstellungen, u.a. in Aachen, Hannover, Berlin (mehrfach), Bad Godesberg, Göttingen, Wolfsburg, Hann. Münden (Gesamt- und Einzelausstellungen), München und Bonn ausgestellt.

In der von der Gustav-Eberlein-Forschung e.V. durchgeführten Sonderausstellung „Werke von Gustav Eberlein (1847-1926)“ in der Kuppelhalle des Landesmuseums Hannover im Herbst 1989 waren aus dem Eigentum des Museums Hann. Münden 16 bis dahin restaurierte Skulpturen neben vier erhalten gebliebenen zu sehen. Private Leihgaben bereicherten die Präsentation. Das aus diesem Anlass herausgegebene Faltblatt (Blickpunkt 35; Grimm/Gmelin) gibt einen guten Überblick über das Schaffen Eberleins.

In der epochalen Präsentation „Ethos und Pathos – Die Berliner Bildhauerschule 1786-1914“ zu Ehren des ausscheidenden Prof. Dr. Peter Bloch (ehem. Direktor der Skulpturengalerie Berlin-Dahlem) in Berlin war 1990 neben Eberlein-Werken aus der Nationalgalerie Berlin und dem Landesmuseum Oldenburg u.a. der restaurierte, originale Gipsentwurf zum „Goethe-Denkmal“ in Rom (GV 208) zu sehen. Im hervorragenden zweibändigen Katalog sind auch alle ausgestellten Werke abgebildet.

Im Museum Hann. Münden wurden 1997 fast alle 69 restaurierten und 92 unrestaurierten Skulpturen, sowie 10 Gemälde in der „Eberlein-Ausstellung“ anlässlich des 150. Geburtstages des Künstlers nach fast 60 Jahren der „Verbannung“, d.h. seit der Umgestaltung des Museums zu Beginn des „Dritten Reiches“, wieder gezeigt (leider erschien 1997 hierzu kein Katalog bzw. Faltblatt). Der größte Teil von ihnen kam danach wieder in das Magazin. Etwa 20 Skulpturen und ein Gemälde sind seit 2017 in der neu gestalteten Eberlein-Abteilung zu sehen. Das restaurierte Modell zum Goethedenkmal (GV 208) wird Aufnahme im Goethe-Museum in Düsseldorf finden.

Das 1900 in Tilsit enthüllte Personendenkmal „Königin Luise“ (GV 172) wurde Ende des Krieges restlos vernichtet. Ein besonderer Grund veranlasste die Verwaltung der russischen Oblast Kaliningrad zur Finanzierung einer Neuschöpfung. Weil die abgebildeten Gipsoriginale des Gesamtdenkmals sowie der Königin Luise im Museum Münden nicht mehr vorhanden waren, reiste der Restaurator Pavel Ignatev aus der Werkstatt in St. Petersburg zu Rolf Grimm, um anhand des dortigem umfangreichen Fotomaterial Details zu besprechen und Eberleins Bearbeitungsweise des Marmors vor Ort zu studieren (Übersetzerin Olga Kudelina). Die Figur wurde in St. Petersburg, der Sockel in Frankreich in Kunstmarmor gegossen und im Rahmen einer Festwoche 2015 eingeweiht.

Die überlebensgroße Skulptur „Sitzend sinnender Graf von Bismarck“ (GV 165), welche die „Illustrirte Zeitung“ am 27.06.1896 auf der Titelseite abbildete, wurde 1992 nach ihrer Wiederherstellung dem Deutschen Historischen Museum in Berlin als Leihgabe überlassen. In Hann. Münden fand sich kein Ausstellungs- bzw. Lagerraum. In Berlin kann man sie aktuell im Foyer im Eingangsbereich sehen, nach der zwischenzeitlichen Aufstellung zwischen dem Bamberger und Magdeburger Reiter.

Das überlebensgroße Gipsoriginal „Königin Luise und Napoleon in Tilsit“ (GV 173) bildete 2010 einen der Anziehungspunkte in der Ausstellung „Königin Luise“ im Schloss Charlottenburg. Presse und Fernsehen berichten umfangreich, zum Teil mit Abbildung der Gruppe. Die Finanzierung der Wiederherstellung übernahmen zur Hälfte der Ausstellungsveranstalter und zur Hälfte drei Mitglieder der Gustav-Eberlein-Forschung und das Ostpreußen-Museum in Lüneburg. Dort fand es Aufnahme als Leihgabe.

 

Danksagung

Dank sagen möchten wir unserer Frau bzw. Mutter Christel Grimm und den Familienangehörigen, besonders unserer Schwester bzw. Tante Ruth Schanze, sowie all denen, die uns in unserem „Hobby“ freundschaftlich unterstützt haben. Hervorheben möchten wir, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, die geistigen Förderer der „Berliner Bildhauerschule des 19. Jahrhunderts“, von denen Herr Prof. Dr. Peter Bloch leider nicht mehr unter uns weilt, Frau Claudia Caspers, Frau Dr. Gabriele Paetzold, Frau Renate Leiffer, Dr. Jörg Kuhn, Jürgen Klebs, Peter Wittgens, Bernd Ruchhöft und Prof. Axel Schmetzke, der einen Großteil der Texte ins Englische übersetzt hat, sowie die Mitglieder der Gustav-Eberlein-Forschung e.V., insbesondere Günther Kaerger († 2007).

 

Hemmingen/Düsseldorf im April 2020

Die Verfasser