Krieger- / Sieges- / Gefallenen-Denkmäler

Adolf Rosenberg schrieb 1903 in der Eberlein-Künstler-Monografie (Knackfuß, Bd. 66, S. 25): „Als er wieder in Berlin war [Anm.: nach einem Stipendium Winter 1872/73 in Rom], voll von Plänen und Hoffnungen, erwarteten ihn Jahre harter Prüfung. Wo er auch um Arbeit anklopfte, überall fand er verschlossene Türen, und es gab Zeiten, wo ihn nur der mutige Zuspruch und die praktische, auf eigenen Erwerb bedachte Entschlossenheit seiner Lebensgefährtin, die im vollen Vertrauen auf seinen Genius die Fahrt durchs Leben mit ihm gewagt hatte, aufrecht erhielten.

Die Not zwang Eberlein, für den Zinkguß, der damals in Berlin in üppiger Blüte stand, Brunnengruppen [Anm.: nur von einer Brunnengruppe (Elberfeld, GV 400) liegt eine Abbildung vor] und Kriegerdenkmäler zu modellieren, die in billigen Wiederholungen viele Abnehmer fanden. Kleine Städte nahmen keinen Anstoß daran, ihren Bedarf an Krieger- und Siegesdenkmälern ohne die Vermittlung der Künstler von den Zinkgießereien zu beziehen, und nur selten erfuhren die Künstler, wo die Zinkgüsse ihrer oft unter den schwersten Entbehrungen und Kämpfen geschaffenen Modelle der Ehre einer Aufstellung an einem öffentlichen Ort gewürdigt worden waren. Erst vor kurzer Zeit, als Eberlein von dem Herzog Ernst Günther zu Schleswig-Holstein nach Primkenau geladen wurde, sah er auf dem Marktplatz dieses Ortes eine Germania, die nach der Inschrift von ihm in jener Zeit des schweren Kampfes um das Dasein geschaffen worden war. Die Not zwang ihn auch, illustrierten Blättern Zeichnungen für den Holzschnitt zu liefern [Anm.: bisher keine bekannt], wie er denn überhaupt alle Aufträge annahm, die ihm zuteil wurden.“

Eberlein selbst schrieb in seiner Autobiografie (Meine Jugend- und Lehrjahre; Michelangelo):

„Es war um mich herum ein Wühlen in Gold und künstlerischen Aufträgen für Berlin in den Gründerjahren entstanden. Nichts aber war für mich zu erreichen.“

Es ist anzunehmen, dass Eberlein in Berlin aus Not vor allem bei dem Bildhauer Janda (1827-1875) „jobbte“. Dabei half ihm der Umstand, daß er schon 1873 für Hann. Münden ein Gefallenendenkmal, hier mit der Figur der „Mundenia“, geschaffen hatte. Schon zu Lebzeiten Jandas, der 1875 starb, überarbeitete Eberlein dessen Germania-Entwurf, der auf einem Gemälde von Lorenz Clasen „Germania auf der Wacht am Rhein“ (1860, Kaiser-Wilhelm-Museum Krefeld) beruht. Er ließ die Figur dynamischer nach vorn streben. Erreicht hat er dieses durch ein Vorstellen des rechten Fußes über den Sockel hinaus, eine  waagerechtere Haltung des jetzt kürzeren Schwertes und durch ein kräftiger gebauschtes Gewand. Der Unterschied ist an den erhaltenen Denkmälern in Bünde (sign. Janda; dat. 1873; enthüllt 02.09.1874) und Neuhaus / Mansfeld / Bad Düben / Dalheim / Dolgesheim / Gimbsheim / Eich / Mörstadt / Gonsenheim (alle sign. Eberlein) sichtbar. Das baugleiche Denkmal von Eberlein in Brieg wurde am 18.10.1873 enthüllt.

Einen Hinweis auf die „Nachfolge Janda – Eberlein“ bietet auch die Gießerei. Das Janda-Denkmal in Eschwege wurde lt. Bauakte gegossen von „A. Castner, Nachf. Martin & Piltzing, Berlin“, das Eberlein-Denkmal in Bad Düben (Gießerstempel) von „Martin & Piltzing, Berlin-N.“ Vorgängerin der Fa. Castner war die Gießerei Moritz Geiss, Berlin, die vorwiegend Zinkgüsse fertigte. Kataloge dieser Gießereien sind leider nicht bekannt.

Der 1875 noch unbekannte Eberlein hatte eine schwache Stellung gegenüber der Gießerei. Für den Entwurf musste er eine einmalige kleine Abfindung hinnehmen. Am Katalogverkauf der Güsse, bisher bis auf Kirchhain (Bronze) nur in verkupfertem Zink bekannt, verdiente allein die Gießerei.

I. Germania-Denkmäler von Bildhauer Johannes Janda
Ort Enthüllung Verbleib
Wittmund 1873 erhalten
Wöllstein (Lkrs. Alzey-Worms), sign. Janda 1873 ohne Schwert erhalten
Oberhausen 02.09.1873 restauriert 1988 (Westfriedhof) erhalten
Bünde (Westfalen; vor Laurentiuskirche), signiert: Janda; datiert 1873 02.09.1874 beschädigt erhalten
Schledehausen (bei Osnabrück) wohl 1874 um 1948 (?) verschrottet
Bleicherode (am Süd-Harz) ? verschrottet
Eschwege (ehem. Marktplatz) 02.09.1874 seit 1956 im Bauhof verschollen
Gießerei lt. Bauakte: „A. Castner, Nachfolger Martin & Piltzing, Berlin“. Die Sockelreliefs (Kronprinz Friedrich-Wilhelm im Original, Kaiser Wilhelm I. in Kopie) sind im Treppenhaus der Friedrich-Wilhelm-Schule erhalten. Der Sockel wurde mit Kopien der Reliefs in der Neuen Anlage wieder errichtet.
Jelenia Góra (dt. Hirschberg, ehem. Niederschlesien) ? nicht erhalten
Als Zink-Massenauflage durch die Gießerei vertrieben.

II. „Mundenia“-Denkmal von Gustav Eberlein (GV 235)
als Zink-Einzelausführung in Hann. Münden (Heimatstadt Gustav Eberleins) 02.09.1873 nach 1957 verschrottet
Gießerei M. Czarnikow, Berlin (Schwedter Straße); 4 Sockeltafeln (Bronze) im Museum erhalten.

III. Germania-Denkmäler von Gustav Eberlein (GV 236)
Neustadt/Orla (Thüringen) 15.03.1873 nicht erhaltene Einzelausführung
Schwedt (Oder; Brandenburg) 1875 nicht erhalten
Königstein (Hochtaunuskreis) 1878 nicht erhalten
Pirmasens (Rheinland-Pfalz) ? letztes Foto von 1940, Sockel erhalten
Northeim (Krs. Göttingen) 11.06.1879 1959 (?) verschrottet
Gonsenheim (Mainz) 15.06.1879 nach 1964 in Privatbesitz (!) erhalten
Gimbsheim (Vg. Eich; Lkrs. Alzey-Worms) 1881 (A. Castner Berlin)  hervorragend erhalten
Gottleuba (Lkrs. Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) ? nicht erhalten
Neuhaus / Elbe (ehem. „DDR“; seit 1993 Krs. Lüneburg) 1881 erhalten
nach Restaurierung (Initiative: Dagmar Burmester) 1999 (!) wieder enthüllt Besonderheiten: Zinkguß-Sockel wohl nach Vorbild Hann. Münden; verkupferter Eisenzaun mit Stäben, die eine von einer Hand umschlossene, „vergoldete“ Schwertspitze zeigen, erhalten
Dolgesheim (Lkrs. Mainz-Bingen) 1882 1882  (A. Castner Berlin) erhalten
Dalheim (Vg. Nierstein-Oppenheim; Krs. Mainz-Bingen) 1884 nach Blitzschlag wieder hergestellt
Leimbach (Mansfeld) 19.07.1885 erhalten
(Krs. Mansfelder Land, ehem. „DDR“),  nach Restaurierung 1999 (!) wieder enthüllt
Eich (Vg. Eich; Lkrs. Alzey-Worms) 1886 (A. Castner Berlin) ohne Klinge erhalten
Lehe (Bremerhaven) 13.05.1888 20.11.1940 entfernt (Bunkerbau)
Mörstadt (Vg. Monsheim; Krs. Alzey-Worms) 1894 (ohne Schwert) erhalten
St. Andreasberg (Sg. Oberharz; Krs. Goslar) 31.08.1895 1963 (!) verschrottet
Burgdorf (Krs. Hannover) 01.09.1895 17.04.1940 beseitigt
Bad Düben (ehem. „DDR“, Krs. Delitzsch) 02.07.1896 beschädigt im Kurpark erhalten Gießerstempel: „Martin & Piltzing, Berlin-N.“
Kirchhain (Krs. Marburg-Biedenkopf) 19.08.1906 Bronze? 1942 eingeschmolzen
Denkmäler im heutigen Polen
Brzeg (dt. Brieg, ehem. Schlesien, ca. 40 km von Breslau), „Zinkguß in galvani-sierter Bronze“ 18.10.1873 nicht erhalten
Czaplinek (dt. Tempelburg, ehem. Krs. Neustettin / Hinterpommern) „Ende 70er Jahre“ ?
Racibórz (dt. Ratibor, ehem. Bzg. Oppeln, Schlesien) ca. 1880 1945 „verschwunden“ – vermutlich am 30.03. von der Roten Armee zerstört
Przemków (dt. Primkenau, ehem. Krs. Sprottau) 15.09.1888 Verbleib?
Inowrocław (dt. Hohensalza, Prov. Posen, 40 km südwestl. von Thorn) 27.07.1879 von Aufständischen am 06.01.1919 zerstört
Mieszkowice (dt. Bärwalde in der Neu-mark, 50 km nördl. von Frankfurt/Oder) vor 1902 zwischen 1945 und 1957 zerstört
Als verkupferte Zink-Serienauflage der Gießerei A. Castner sowie Martin & Piltzing, Berlin.